Zur Beratung über die Auswirkungen des Zensus 2022 haben sich am Dienstag Oberbürgermeister, Bürgermeister sowie Vertreter von kreisfreien Städten, Einheitsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften in Halberstadt getroffen. Die über 40 Teilnehmer wurden von Gastgeber Oberbürgermeister Daniel Szarata im Rathaus der Stadt begrüßt.
Zusammen mit den Initiatoren der Halberstädter Erklärung, Oberbürgermeister Martin Papke und Oberbürgermeister Sebastian Müller-Bahr, schildert Daniel Szarata die Situation der betroffenen Gemeinden folgendermaßen:
„Es geht nicht um Gewinnen oder Verlieren, es geht um Gerechtigkeit bei der Verteilung von Zuweisungen sowie um Vertrauen gegenüber den Kommunen.“
Die Finanzzuweisungen des Landes aus dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) beruhen auf den Einwohnerzahlen, die durch die Zensuszählung im Jahr 2022 geschätzt wurden.
2/3 der Kommunen im Land haben demnach extreme Einwohnerverluste zu beklagen, die, wie im Fall der Stadt Halberstadt zu Einnahmeverlusten von mehr als 2 Millionen Euro führen. Das Besorgniserregende dabei ist, dass die vom Zensus ermittelten Zahlen, um teilweise tausende Einwohner von den Daten der Einwohnermeldeämter abweichen.
In der Beratung mit den Kommunen wurde deutlich, dass ein Einwohner weniger ca. 800 bis 1200 Euro geringere Zuweisung bedeutet. In den zwei gezeigten Beispielen wurde von einer marginalen Abweichung von nur 3 % zwischen den Zensuszahlen und den Einwohnerzahlen ausgegangen. Das führt bei einer Gemeinde mit 13 000 Einwohnern zu über 300.000 Euro und bei einer 36.000 Einwohnergemeinde zu knapp 1,3 Mio. Euro weniger Zuweisung.
„Diese Verluste sind zu hoch, um einfach darüber hinwegzusehen, insbesondere wenn unsere Einwohnermeldezahlen offensichtlich genauer sind als die Zensusschätzung und ein ganz anderes Bild vermitteln“, sagte Oberbürgermeister Daniel Szarata.
„Klagen gegen die Methodik des Zensus blieben bisher erfolglos, daher schlagen wir mit der Halberstädter Erklärung vor, die Berechnung der Zuweisungen des FAG zukünftig mit den Daten der Einwohnermeldeämter zu berechnen“, so Martin Papke, Oberbürgermeister aus Weißenfels.
Sein Amtskollege aus Merseburg ergänzt: „Da alle Meldeämter gleich arbeiten, ist das die gerechteste Methode und hat auch etwas mit Vertrauen in die Arbeit der Kommunen zu tun. Wir können es ja keinem erklären, dass wir alle ein teures Einwohnermeldewesen betreiben, aber wenn es drauf ankommt, vertraut man auf Landesebene lieber der Schätzung von Freiwilligen, die für den Zensus Daten sammeln.“
Die Vertreter der Kommunen einigten sich darauf, als nächsten Schritt den Gesetzgeber, also die Abgeordneten des Landtages, zu einer Beratung zusammenzuholen. Auch der Städte- und Gemeindebund soll eingebunden werden, um als Interessenvertretung die Situation noch einmal zu untermauern.
Wortlaut der Halberstädter Erklärung
Im Rahmen eines gemeinsamen Austauschs zur Zukunft der kommunalen Finanzausstattung haben sich die unterzeichnenden Kommunen auf folgende Erklärung verständigt:
Die Unterzeichner fordern, dass für die Berechnung der Mittelzuweisungen im kommunalen Finanzausgleich des Landes Sachsen-Anhalt künftig die tatsächlichen Einwohnerzahlen aus den Melderegistern der Kommunen verwendet werden.
Diese Daten sind tagesaktuell, standardisiert und nachvollziehbar. Die bisherige Grundlage fortgeschriebener Zensuszahlen bildet die Realität in vielen Kommunen nicht ab und führt zu einer ungerechten Mittelverteilung im Land.
Eine faire Finanzausstattung erfordert eine realitätsgerechte Bemessungsgrundlage.
Unterzeichner der Halberstädter Erklärung (Stand 22.05.2025):
Stadt Mücheln
Hansestadt Stendal
Stadt Naumburg
Verbandsgemeinde Vorharz
Stadt Halberstadt
Stadt Burg
Stadt Oschersleben
Stadt Aschersleben
Stadt Hecklingen
Stadt Nienburg (Saale)
Stadt Bernburg (Saale)
Stadt Möckern
Stadt Coswig (Anh.)
Stadt Weißenfels
Stadt Merseburg
Halle (Saale)
Seegebiet Mansfelder Land
Verbandsgemeinde Egelner Mulde
Stadt Köthen
Gemeinde Barleben
Gemeinde Biederitz
Stadt Könnern
Stadt Arnstein
Stadt Hettstedt
Stadt Bitterfeld-Wolfen
Stadt Möckern
Stadt Querfurt
Stadt Staßfurt
Foto: Stadt Halberstadt / Holger Wegener