Teutschenthal (red). Auf einem riesigen Areal mitten im Gewerbegebiet steht sie: 5.000 Quadratmeter groß – die Lagerhalle für das Amazon-Verteilzentrum in Teutschenthal. Doch wo normalerweise emsige „Picker & Packer“, wie die Versandmitarbeiter von Amazon genannt werden, mit ihrem Handscanner Waren aller Art aus den Regalen ziehen, um sie dann zur Verpackung zu bringen, herrscht gähnende Leere.
Der Mitarbeiterparkplatz ist verwaist, die Zufahrtstore sind verschlossen. Bis auf den Pförtner scheint sich auf dem Gelände niemand aufzuhalten. Dabei wurde die Halle extra für das Logistikzentrum des Online-Riesen gebaut. Doch seit zwei Jahren ist hier nichts passiert. Einzig das große Amazon-Logo am Gebäude gibt einen Hinweis darauf, was hier einmal entstehen sollte.
Leerstand: Situation ist „nicht befriedigend“
Nicht wenige in Teutschenthal hegen allerdings die Hoffnung, dass es doch noch zur Ansiedlung von Amazon am Ort kommt. Bei der Grundsteinlegung vor ein paar Jahren war die Freude groß, und man gab sich enthusiastisch, dass hier 85 neue und vor allem sichere Arbeitsplätze entstehen würden. Von einem wichtigen Signal für die Region war die Rede.
Dass die Situation so ist, wie sie ist, stößt allerdings bei einigen auf Verbitterung. Aus dem Teutschenthaler Rathaus ist zu erfahren, dass Amazon hier offenbar noch mit niemandem gesprochen hat. Dennoch sieht Teutschenthal in dem Verkauf des Geländes keine Fehlentscheidung – auch wenn man das Logistikzentrum hier gerne gesehen hätte.
Dass sich der Investor zurückzieht, konnte niemand ahnen
Nachdem das Gelände 25 Jahre lang Brachland gewesen war, kamen Investoren, die das Areal kaufen wollten. Man habe damals sofort die Chance ergriffen und dem Deal, von dem sich Teutschenthal so viel erhoffte, zugestimmt. Mittlerweile haben sich die Finanziers jedoch zurückgezogen. Dabei war der Bau der Halle allein noch nicht alles: Zusätzlich wurden das Straßen- und Ampelnetz ausgebaut.
Teutschenthal scheint mit diesem Schicksal nicht allein dazustehen: Amazon plante, auch an anderen Standorten in Deutschland Verteilzentren in ähnlicher Größe zu errichten, von denen aus Waren an Käufer versandt werden sollten. Doch bislang ist auch dort nichts passiert.
Logistikprojekte von Amazon durch Corona ausgebremst
Der Bau der Halle in Teutschenthal im Jahr 2021 fällt zeitlich mit der Corona-Krise zusammen. Ob der Stillstand darauf zurückzuführen ist, bleibt Spekulation. Allerdings scheint klar, dass der Starttermin für das Verteilzentrum von internen und externen Faktoren beeinflusst wird – etwa durch die Lockdown- und Maßnahmenpolitik.
In der Zwischenzeit kursieren Gerüchte, die Halle in Teutschenthal könne bereits verkauft worden sein. Medienberichten zufolge hat Amazon jedoch dementiert: Der Standort Teutschenthal sei noch nicht abgeschrieben, allerdings laufe die Standortentwicklung in der weiteren Region. Teutschenthal müsse sich gedulden, bis die Personalkapazitäten vor Ort einsatzbereit sind.
Amazon: Teutschenthal wird in „absehbarer Zeit“ eröffnet – Harz kann entlastet werden
Die Statements von Amazon lassen mittlerweile wieder Hoffnung aufkommen: Einen genauen Starttermin kann der Online-Versandhändler zwar nicht nennen, doch das Logistikzentrum in Teutschenthal könne „in absehbarer Zeit eröffnet werden“. Das kann noch ein bis zwei Jahre dauern. Amazon betont jedoch, dass man der Region treu bleiben und sich als guter Nachbar in der Gemeinde engagieren wolle.
Ein bereits aktives Verteilzentrum befindet sich in Schkeuditz und deckt ein weitreichendes Zustellgebiet zwischen Leipzig sowie Sangerhausen, Dessau und Zwickau ab. Sollte das Zentrum in Teutschenthal tatsächlich eröffnen, könnte Schkeuditz dadurch spürbar entlastet werden. Noch steht allerdings nicht fest, wie das Zustellgebiet von Teutschenthal im Detail aussehen wird. Klar ist jedoch: Weite Teile des Gebiets um Halle und den Harz könnten bei den Zustellungen entlastet werden.
Ganz leer stand die Halle in der Vergangenheit dennoch nicht. Sie wurde entweder untervermietet oder für Amazon-interne Zwecke genutzt.
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