In Niedersachsen haben die Fallzahlen im Stalking 2024 den höchsten Wert seit zehn Jahren erreicht. Das geht aus der neuen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) hervor. Rund 80 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen waren demnach männlich.
Mit Stalking wird das fortgesetzte Belästigen, Verfolgen und Bedrohen durch eine bekannte oder unbekannte Person bezeichnet. Meistens sind Frauen die Opfer, häufig gehen die Taten von ehemaligen Partnern oder Bekannten aus. Die Stalker entwickeln dabei eine Hetze, die über Monate, sogar Jahre andauern kann.
Im vergangenen Jahr erfasste das Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA) insgesamt 2.389 Stalking-Fälle. 2.226 Fälle konnten demnach aufgeklärt werden. Das entspricht einer Quote von rund 93 Prozent. Die Täter sind laut der Statistik zumeist Männer. So waren von insgesamt 2.108 ermittelten Tatverdächtigen 1.723 männlich und 385 weiblich. 439 Tatverdächtige hatten demnach keinen deutschen Pass (21 Prozent).
Besonders betroffen sind Frauen bis 34 Jahre – danach entsteht oft Suizidgefährdung
Wie das Phänomen “Stalking” in (Ex-)Partnerschaften in Niedersachsen erlebt wird, hat das LKA Niedersachsen in der 2021 veröffentlichten Studie “Befragung zur Sicherheit und Kriminalität” bei der niedersächsischen Bevölkerung erfragt. Dies führte zu dem Ergebnis, dass Stalking zwar seltener vorkommt als psychische Gewalt, dass aber von unerwünschten Kontaktaufnahmen (auch durch unerwünschtes Aufsuchen) durch (Ex-)Partnerinnen und (Ex-)Partner berichtet wird. Darüber hinaus ist Stalking häufig ein Phänomen im Zusammenhang mit anderen Straftaten.
Seit 2007 ist Stalking oder “Nachstellung” ein eigener Straftatbestand, der ein breites Spektrum von Handlungen abdeckt. Darunter etwa wiederholtes Kontaktieren über soziale Medien, Telefon oder E‑Mail, Drohungen und körperliche Gewalt. Betroffene stehen oftmals unter einer anhaltenden Belastung und leiden unter Angstzuständen, Depressionen posttraumatischen Belastungsstörungen oder selbstverletzendem Verhalten, so das LKA. Häufig sind sie zudem suizidgefährdet. Besonders betroffen seien demnach Frauen bis 34 Jahre.
Betroffene sollen rechtzeitig Anzeige erstatten
Das LKA Niedersachsen rät Betroffenen, folgende Maßnahmen zu ergreifen:
- Frühzeitig Anzeige erstatten. Wer das Gefühl hat, verfolgt oder belästigt zu werden, sollte sich direkt an eine Polizeidienststelle wenden.
- Vorfälle dokumentieren: Betroffene sollten Kontaktversuche, Drohungen oder andere verdächtige Aktivitäten schriftlich festhalten. Auch Screenshots von Nachrichten oder Fotos von Sachbeschädigungen könnten demnach wichtig sein. Die von der WEISSER RING-Stiftung unterstützte App “No Stalk” könne dabei hilfreich sein.
- Unterstützung suchen: Neben der Polizei gibt es auch spezialisierte Beratungsstellen, an die sich Betroffene wenden können.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen sieht bei Stalking-Schäden Entschädigungsanspruch
Wer Opfer von Stalking geworden ist, steht nicht alleine da. Eine Vielzahl von Selbsthilfegruppen bieten Unterstützung an. Auch die Sozialgerichte sind sich des Problems bewusst. Das Landessozialgericht Niedersachsen Bremen erkennt bei Schäden als Folge des Stalkings einen Anspruch auf Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
Darüber hinaus sieht es einen Anspruch auf Gewährung von Versorgungsleistungen auf Grund einer rentenberechtigenden Minderung der Erwerbstätigkeit, wenn “Stalking” im Sinne einer “schweren Belästigung” als Angriff nach dem OEG vorliegt.