Goslar (red). Die Stadtwerke Goslar kämpfen derzeit mit enormen Finanzproblemen. Allein im Stadtbus-Bereich beläuft sich das Defizit auf 895.000 Euro. Bei den städtischen Schwimmbädern ist die Lage noch dramatischer: Hier droht ein Minus von 1,045 Millionen Euro.
Busverkehr droht der Kahlschlag – erhebliche Auswirkungen für Pendler und Fahrgäste
Bis vor Kurzem war der Busbetrieb in Goslar akut gefährdet. Nur durch eine Finanzspritze der Stadt in Höhe von 500.000 Euro konnten die Verkehrsbetriebe die im März fälligen Gehaltszahlungen von 350.000 Euro an das Personal leisten und den Betrieb aufrechterhalten. Die Stadtwerke betreiben sowohl den Busverkehr als auch die Aquantic-Schwimmbäder in Eigenregie.
Die Überweisung der Rettungsgelder erfolgte bereits vor der offiziellen Bewilligung, da die Zeit drängte. Die Genehmigung soll nun nachträglich erteilt werden. Falls nicht bald eine langfristig tragfähige Lösung gefunden wird, droht dem Bussektor in Goslar ein regelrechter „Kahlschlag“. Vor allem Pendler müssten dann mit erheblichen Einschränkungen im Linienbetrieb rechnen.
Warum stecken die Stadtwerke so massiv in der Klemme?
Grundsätzlich wirtschaften Verkehrs- und Bäderbetriebe nicht gewinnorientiert, sondern nach dem sogenannten „Kostendeckungsprinzip“. Das bedeutet, dass diese Bereiche regelmäßig defizitär arbeiten.
Nach Angaben aus Kreisen der Stadtwerke hat sich das Finanzloch in den vergangenen Jahren stetig vergrößert. Im Corona-Jahr 2021 wiesen die Stadtwerke Goslar ein Defizit von 300.000 Euro aus. In den Jahren 2022 und 2023 stieg dieses jeweils auf 1,4 Millionen Euro.
Während der Corona-Krise hatten die Stadtwerke bereits mit empfindlichen Erlösausfällen zu kämpfen. Der Geschäftsabschluss für das Jahr 2024 lässt indes nichts Gutes erahnen.
Kreditrahmen der Stadtwerke steigt weiter – Finanzkrise auch eine Schuldenkrise
Um die laufenden Kosten zu decken, nehmen die Stadtwerke immer höhere Schulden auf. Die ursprünglich durch Corona erlaubte Kreditaufnahme wurde 2020 von einer auf zwei Millionen Euro erhöht und ist seither weiter gestiegen. Mittlerweile beträgt der Kreditrahmen 3,5 Millionen Euro.
Es wird erwartet, dass diese Kreditsumme abgerufen wird, sobald die Kommunalaufsicht den Haushalt für Goslar abgesegnet hat. Die Genehmigung wird um den 9. April herum erwartet.
3,6 Millionen Euro Gewinnbeteiligung bei Harz Energie reicht nicht aus
Allerdings finanzieren sich die Stadtwerke Goslar nicht ausschließlich durch Kredite. Dem Defizit stehen Gewinneinnahmen in Höhe von 3,6 Millionen Euro aus Beteiligungen an Harz Energie gegenüber. Diese Mittel werden jedoch erst zur Jahresmitte ausgeschüttet. In der Zwischenzeit müssen jedoch hohe Beträge an Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag an das Finanzamt abgeführt werden.
Diese Abgaben reißen zusätzliche Löcher in die Kasse: 2022 waren 518.000 Euro an Steuern und Abgaben fällig, hinzu kamen Vorauszahlungen für 2023 und 2024 von jeweils 407.000 Euro. Darüber hinaus fließt ein erheblicher Teil der Gewinne in Rückstellungen.
Ein weiteres Problem stellt das „Deutschland-Ticket“ dar. Während es für Fahrgäste äußerst praktisch ist, führt es bei den Stadtwerken Goslar zu erheblichen Einbußen bei den Fahrgeldeinnahmen. Der Stadtbus-Betrieb erhält die Ausgleichszahlungen für die Umsatzverluste durch das Deutschland-Ticket nur in Teilbeträgen. Dadurch ergaben sich allein für das Jahr 2023 Außenstände in Höhe von 140.000 Euro.
Rotstift setzt zuerst beim ÖPNV an – Busverkehr bleibt ein „Draufzahlgeschäft“
Die Stadtwerke Goslar stehen mit ihren finanziellen Problemen nicht allein da. Da der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) grundsätzlich ein „Draufzahlgeschäft“ ist, sind auch andere Verkehrsunternehmen betroffen.
So steht der Landkreis Helmstedt vor einem Haushaltsdefizit von 50 Millionen Euro. Falls das Land Niedersachsen keine deutliche Unterstützung leistet und die kreisfreien Städte nicht mehr Mittel beisteuern, bleibt dem Regionalverband als letztes Mittel nur eine „empfindliche Kürzung“ der Leistungen.
Allein der Regiobus-Betrieb verzeichnet ein Defizit von 22 Millionen Euro. Selbst mit Zuschüssen von Städten und Landkreisen in Höhe von 10 Millionen Euro bleibt ein Fehlbetrag von 12 Millionen. Da die Regionalbusse eine große Bedeutung für den Ausbildungs- und Pendlerverkehr haben, muss der Regionalverband spätestens in der Sitzung im Mai eine Lösung finden. Andernfalls drohen in der zweiten Jahreshälfte spürbare Einschnitte im Busverkehr.
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