Die kleine Hochzeitsgemeinde sitzt in der Winterkirche in St. Andreasberg und erwartet das Brautpaar sehnsüchtig. Draußen herrscht graue Sprühregen-Stimmung, hier drinnen ist es feierlich-erwartungsvoll. Die Enkelkinder hibbeln auf ihren Stühlen hin und her. Wann kommen Oma und Opa denn? Endlich geht die Tür auf und das Lied „You are my Sunshine“ erklingt. Andächtig schreiten Bärbel und Thorsten durch den kleinen Raum, wechseln mit ihren Angehörigen rührige Blicke. Nach 31 Jahren Ehe geben sie einander heute noch einmal das Ja-Wort – vor Gott. Auf etwa 615 Höhenmetern. Denn die Pastor*innen Mirja Rohr, André Dittmann und Wolfgang Thon-Breuker haben am Sonntag die zweite “Trauung to go” in der Martinikirche im Oberharz angeboten – mit ganz unterschiedlichen Paaren, die sich spontan trauten – oder trauen ließen. Genau für Paare wie dieses ist das besondere Trauformat gedacht: Wenn eine kirchliche Hochzeit lange geplant war – aber plötzlich das Leben dazwischenkommt. Besondere Gründe und Umstände, die eine große Hochzeitsfeier unmöglich machen. „Wir wollen die Gelegenheit schaffen, eine kirchliche Trauung ohne die ganze Planung drumherum, oftmals verbunden mit hohen Kosten, zu erleben. Sehr intensiv und auf das Wesentliche gerichtet“, sind sich die drei Pastor*innen einig. „Wir feiern heute die Liebe und ihren Zauber“, sagen sie, „denn die Liebe hört niemals auf.“
Auch Nicole und Lutz gehören zu den Paaren, die sich trauen. „Ich habe uns gleich im September angemeldet, weil ich die Aktion so cool finde“, sagt Nicole strahlend. Und ihr Ehemann zieht mit. Seit sechs Jahren sind sie standesamtlich verheiratet, zur großen kirchlichen Trauung kam es nie. „Umso schöner, dass wir jetzt hier nochmal vor Gott und nur für uns zwei ja gesagt haben. Und jetzt gehen wir zur Feier des Tages noch schön essen.“
Ein gutes Stichwort: Manche der Paare genießen diesen besonderen Moment nur für sich, andere wiederum haben ein kleine Feiergemeinde mitgebracht – und wiederum andere einen ganzen Chor. Naja, zumindest den halben “Pop Chor‘n” aus Goslar, da Braut Helen-Michelle dort mitsingt. Doch erstmal haben sie und ihr Mann Maximilian erstmal das kurze Gespräch mit dem Pastor, der für seine Trauansprache genau die richtigen Fragen stellt. Und während die Zeremonie in der Martinikirche noch in vollem Gange ist und der Chor gerade “I want to hold your hand” singt, haben Bianca und Alexander vor Pastorin Mirja Rohr noch einmal vor dem Altar in der Winterkirche ihre Liebe besiegelt. Sie stoßen gerade mit einem Gläschen Sekt darauf an. Die zwei haben am Donnerstag standesamtlich in Braunlage geheiratet. Sie fühlen sich dem Ort und der Kirche ohnehin verbunden, jetzt vielleicht noch einmal mehr – vor allem aber einander.
Fünf Paare waren es, von denen Mirja Rohr, André Dittmann und Wolfgang Thon-Breuker an diesem Nachmittag das Ja-Wort hörten, zwei weitere erhielten eine besondere Segnung. Alle aus unterschiedlichen Beweggründen, aber alle spontan – und um ihrer Liebe so noch einmal Ausdruck zu verleihen. Auch vor Gott.
Foto: Kirchenkreis Harzer Land und Leine-Solling