„Projekt Morgenrot“: Der Name klingt verheißungsvoll. Dabei geht es um die Errichtung von Industrie- und Gewerbeflächen, Flächen für Photovoltaik, Flächen für Landwirtschaft, letztere auch in Kombination mit Windenergieanlagen in der Gemarkung Quedlinburg entlang der Bundesautobahn 36, Höhe Morgenrot. Das Areal soll sich dann mit Hilfe von Windkraft selbst mit Strom versorgen können.
Der Grund für das „Zukunftsprojekt“ ist simpel: Die Stadt Quedlinburg braucht dringend Geld und möchte mit diesem Vorhaben ihre Einnahmen erhöhen – das trifft allerdings innerhalb der Stadtbevölkerung auf ein geteiltes Echo. Nicht jeder ist mit der Idee einverstanden. Denn Quedlinburg würde damit seinen Status als Welterbestadt riskieren.
Auf einer Informationsveranstaltung, zu der sich rund 400 Bürger Quedlinburgs eingefunden hatten, sprach Oberbürgermeister Frank Ruch (CDU) Klartext und machte keinen Hehl aus der prekären Finanzlage der Stadt: Quedlinburg braucht dringend Geld, sonst sei die Stadt in wenigen Jahren pleite, so Ruch. Grund hierfür sei vor allem ein jährliches Haushaltsdefizit von fünf Millionen Euro und immer kleiner werdender Förderung vom Land. Wie Ruch klarstellt, verschlinge nur der Erhalt des Welterbes fünf bis sechs Millionen Euro, bei einer bewilligten Förderung von zuletzt 1,3 Millionen.
Indes werden in das „Projekt Morgenrot“ große Hoffnungen gesetzt: Auf bis zu 350 Hektar sollen Industriebetriebe angesiedelt, ein Stück weiter auf 140 Hektar Photovoltaikanlagen und daneben 14 gewaltige Windräder errichtet werden. Sollte das Projekt allerding realisiert werden, könnte es Quedlinburg genauso ergehen wie Dresden: Der Stadt wurde der Welterbestatus 2009 von der UNESCO aberkannt, weil sich aufgrund des Baus der Elbbrücke die Stadtsilhouette verändert hatte.
Quedlinburg war am 24. März 1995 von der UNESCO in die Liste des Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit aufgenommen worden. Seitdem steht die historische Altstadt mit ihren fast 2.100 Fachwerkhäusern aus acht Jahrhunderten unter Schutz. Die UNESCO spricht von einem “Gesamtkunstwerk mittelalterlicher Stadtkultur” – auf einer Fläche von 80 Hektar.
Oberbürgermeister Ruch mach sich allerdings keine Sorgen um den Welterbe-Status: “Wir sind der Auffassung, dass wir hier Industrie ansiedeln und erneuerbare Energien erzeugen können, ohne dass das Welterbe gefährdet ist.”