Quedlinburg (red). Die Tafeln sind deutschlandweit eine Anlaufstelle für Menschen, denen das Nötigste zum Leben fehlt. Bedürftige können sich dort kostenlos oder für kleines Geld mit Lebensmitteln versorgen. Dabei sind die Tafeln seit einiger Zeit selbst in Bedrängnis. Sie sehen sich mit einer konstant wachsenden Zahl an Bedürftigen bei knapper werdenden Lebensmittelressourcen konfrontiert. Hinzu kommen Vorbehalte innerhalb der Bevölkerung gegen Menschen, die auf die Tafel angewiesen sind. Die vom Landkreis Harz ins Leben gerufene Initiative „Lange Tafel“ in Quedlinburg will Bedürftige und Nicht-Notleidende an einen Tisch bringen, um Vorurteile und Ressentiments abzubauen.
Weg vom Image der „Schmuddelecke“
Armut in der größten Volkswirtschaft Europas? Für viele Bürger unseres Landes ist das unvorstellbar. Und doch gibt es sie: Menschen, die unverschuldet in Not geraten und auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft angewiesen sind. Nicht zuletzt ist es das Ziel der „Langen Tafel“, in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Armut in unserem Land zu schaffen. Um die Arbeit der Tafeln auch zukünftig sicherzustellen, benötigen die Tafeln dringend Unterstützung in Form von Geld- oder Sachspenden.
Die „Lange Tafel“ steht auf dem Marktplatz von Quedlinburg. Sie besteht aus vier Biertischgarnituren. Es wird Suppe serviert, die Bürger kommen miteinander ins Gespräch. Berührungsängste und Vorurteile sollen abgebaut werden. Noch immer hält sich in gewissen Teilen der Bevölkerung die Meinung, dass sich jemand in der „Schmuddelecke der Nation“ bewegt, der zur Tafel muss. Dies ist auch der Grund, warum viele Notleidende ihr Anspruchsrecht auf Leistungen der Tafel nicht in ausüben – aus Scham, Stolz und Angst vor den mitleidigen Blicken der Mitbürger.
Gemeinsamer Dialog bei Erbsensuppe mit Würstchen
Auch wenn in Deutschland immer noch jedes Jahr Unmengen an verzehrbaren Lebensmitteln weggeworfen werden, haben die Tafeln mit einem Ressourcenrückgang zu kämpfen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, wäre es denkbar, dass die Supermärkte Ware mit beschädigter Verpackung oder Lebensmittel, die kurz vor dem Ablaufdatum stehen, an die Tafeln weitergeben.
Nichtsdestotrotz ist die „Lange Tafel“ in Quedlinburg ein Erfolg. Der Spendentopf füllt sich, Bürger setzen sich gemeinsam an den Tisch, essen Erbsensuppe mit Würstchen und kommen ins Gespräch. Zum „Deutschen Tafeltag“ planen Tafeln im Landkreis eine Wiederholung dieser Aktion. Denn die Verringerung von Bedürftigkeit und Armut ist eine große Herausforderung – für uns alle.