Riesige Wälder im Kontrast zur Wildnis, bizarre Felsen, jahrtausendealte Moore, ursprüngliche Bachläufe und der majestätische Brocken. Das ist der Nationalpark Harz. In dieser faszinierenden Bergwildnis fühlen sich auch Luchs und Wildkatze zuhause. Getreu dem weltweiten Nationalpark-Motto „Natur Natur sein lassen“ darf die Natur sich in großen Teilen des Nationalparks Harz frei entfalten. Jetzt hat das Luchsprojekt des Nationalparks Harz an der Rabenklippe bei Bad Harzburg Zuwachs bekommen.
Vergangene Woche ist ein sechs Jahre altes Luchsmännchen im Nationalpark angekommen. Das Tier soll hier im Harz künftig im Rahmen eines internationalen Erhaltungszuchtprogramms für Nachwuchs der bedrohten Katzenart sorgen. Der Luchs stammt aus dem Tierpark La Garenne in Le Vaud in der Schweiz und hatte die vergangenen Wochen in Quarantäne in der Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen verbracht.
Pfleger des Luchses ist selbst Neuzugang im Nationalpark Harz
Der Luchs konnte nun nach Bad Harzburg überführt werden, nachdem keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen festgestellt wurden. Zunächst ist er zur Eingewöhnung in einem abgetrennten Teil des Geheges untergebracht worden, der nicht von außen einsehbar ist. Wenn der Luchs sich an seine neue Umgebung gewöhnt hat, kommt er in ein Gehege, in dem ihn dann auch Besucher der Anlage bestaunen können.
Zuständig für die Pflege des neuen Zuchtluchses ist Paul Bridge. Der 42-jährige Engländer ist ebenfalls neu beim Nationalpark Harz. Er ist der Nachfolger von Bernd Gutjahr angetreten, der sich viele Jahre maßgeblich um das Wohlergehen der Katzen gekümmert hatte und Ende des vergangenen Jahres in den Ruhestand eingetreten ist.
Seine Hauptaufgabe im Harz ist vorerst, sich mit den vier Luchsen vertraut zu machen und sie an seine Anwesenheit zu gewöhnen. Das geschieht vor allem über die Gabe von Futter, aber auch durch seine regelmäßige Anwesenheit am Gehege. Bridge redet viel mit den Luchsen, damit sie seine Stimme kennen, und er verbringt viel Zeit mit ihnen. Auch sein Geruch muss ihnen vertraut werden.
Arterhaltung der Luchse in Mitteleuropa dringend erforderlich
Die Nationalparkverwaltung Harz kann sich dann aktiv an dem internationalen Erhaltungszuchtprogramm für Luchse beteiligen. Hierfür werden vom Europäischen Zooverband EAZA – koordiniert durch die Zuchtbuchführerin im Tierpark Bern – geeignete Zuchtpaare zusammengestellt. Auch in dem großen und naturnahen Gehege an der Rabenklippe soll ein solches Paar soll gehalten werden. Anschließend soll der Luchs-Nachwuchs an Artenschutzprojekte zur Auswilderung abgegeben oder innerhalb des Zuchtprogramms weiter verpaart werden.
Im Jahr 2023 zeigten die Ergebnisse einer mehrtägigen Konferenz in Wöltingerode am Harz, an der sich Luchsexperten aus zahlreichen europäischen Ländern beteiligten, jedoch sehr deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht, wenn man den Luchs in Mitteleuropa über die kommenden Jahrzehnte hinaus erhalten will. Lange Zeit hat der
Nationalpark Harz ganz bewusst auf die Nachzucht von Luchsen verzichtet, um nicht jedes Jahr überzählige Tiere in gute Hände vermitteln zu müssen. Eine Stärkung und Vernetzung der isolierten Populationen wilder Luchse in Europa ist dringend erforderlich und die Erhaltungszucht und Auswilderung nach Meinung der Experten eine geeignete Methode dafür.