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Mär­chen, Mythen und Sagen aus dem Harz: Der Lügen­stein zu Hal­ber­stadt

Lan­ge noch bevor Burk­hard II., genannt Bischof Buko zur Herr­schaft kam, leg­te Hil­de­gren, der ers­te Bischof zu Hal­ber­stadt, den Grund­stein zur Dom­kir­che auf einer Anhö­he, wo ehe­mals die Hei­den ihre Opfer­al­tä­re errich­tet hat­ten. Vie­le geschick­te Arbei­ter wur­den her­bei­ge­ru­fen, und schnell schritt der Bau der Kir­che vor­wärts.

Als der Teu­fel die Grund­mau­ern des­sel­ben sah, glaub­te er, hier wür­de ein gro­ßes Wirts­haus errich­tet! Und weil ihn das freu­te, schlepp­te er des Nachts gro­ße Fels­mas­sen her­bei und half heim­lich die Mau­ern wei­ter bau­en. Meis­ter und Gesel­len waren ganz ver­wun­dert, wie schnell ihre Arbeit von­stat­ten­ging. Kei­ner ahn­te den wah­ren Grund. Da, in einer Nacht, als der Bau schon ziem­lich weit fort­ge­schrit­ten war, trat der Teu­fel hin­ein, um sich ein­mal das Inne­re zu bese­hen. Aber da war kein Schank­raum – vol­ler Wut gewahr­te er statt des­sen die Zurüs­tun­gen zum Gewöl­be und die gro­ßen Stu­fen zur Chor­trep­pe.

Jetzt erst wur­de ihm klar, wel­chem Zwe­cke die­ses Gebäu­de die­nen soll­te und welch dum­mer Teu­fel er wie­der ein­mal gewe­sen war, an einem Bau zu hel­fen, in wel­chem die Chris­ten sich Mut und Kraft erfle­hen woll­ten, um den Lockun­gen des Bösen zu wider­ste­hen.

Als in der Frü­he des nächs­ten Mor­gens die Gesel­len an ihr Werk gin­gen, sahen sie mit Schre­cken hoch oben auf dem Bau den Teu­fel, einen rie­si­gen Fels­block in den Klau­en hal­tend. »Seht,« rief er zu ihnen her­ab, »weil ich glaub­te, Ihr bau­tet ein Wirts­haus, habe ich uner­müd­lich mit gehol­fen; jetzt aber, da es mir klar gewor­den, dass ich betro­gen bin, dass mei­ne Arbeit umsonst war, zer­schmet­te­re ich den gan­zen Bau und begra­be Euch unter den Trüm­mern!«

Alle waren bei die­sen Wor­ten ent­setzt und stumm vor Schreck, nur ein kecker Gesel­le trat vor und rief: »Lass ab von Dei­nem Vor­ha­ben, Fürst der Höl­le, und höre erst, was ich Dir sagen will. Wenn Dir’s so sehr ver­langt, ein Wirts­haus hier an die­sem Orte zu sehen, so wol­len wir Dei­nen Wunsch erfül­len und dicht neben den Dom in kür­zes­ter Zeit eine Schen­ke bau­en. Bist Du’s zufrie­den?« Der Teu­fel war mit dem Vor­schlag ein­ver­stan­den.

Aber damit die Gesel­len ihr Ver­spre­chen nicht ver­ges­sen soll­ten, schleu­der­te er, als Mah­nung an den Ver­trag, den gro­ßen Stein auf den Dom­platz, wo der­sel­be noch heu­te liegt. Die Ver­tie­fung, wel­che sich dar­in befin­det, hat der glü­hen­de Dau­men sei­ner Hand beim Tra­gen hin­ein­ge­drückt.

Bald erhob sich denn auch neben dem Dom ein Häus­chen mit mäch­ti­gen Kel­lern, der Dom­kel­ler genannt. Damit aber war der Wunsch des Bösen erfüllt. Der Dom­bau konn­te unge­hin­dert voll­endet wer­den; er wur­de am 9. Novem­ber 859 im Bei­sein vie­ler Fürs­ten, Bischö­fe und Pries­ter ein­ge­weiht.

 

Foto: pix­a­bay

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