Die Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) haben beim Bund einen Antrag auf Fördermittel in Höhe von 164 Millionen Euro gestellt. Mit dieser ambitionierten Investition wollen das Unternehmen und die beteiligten kommunalen Eigentümer das historische Schienennetz der HSB langfristig sichern, modernisieren und zukunftsfähig gestalten. Die Summe soll schrittweise über einen Zeitraum von zehn Jahren bereitgestellt werden.
Grund ist unter anderem, dass die Herausforderungen zunehmen: Alternde Infrastruktur, steigende Betriebskosten, Personalengpässe und der Klimawandel setzen dem traditionsreichen Bahnunternehmen zu. Ohne langfristige Unterstützung, so die Einschätzung der HSB, sei der Weiterbetrieb in der heutigen Form mittelfristig gefährdet.
Die HSB wurde 1993 gegründet und ist heute ein kommunal getragenes Unternehmen. Das Streckennetz umfasst die Harzquerbahn, die Selketalbahn und die Brockenbahn. Rund 700.000 Fahrgäste nutzen jährlich das Angebot, darunter zahlreiche internationale Touristen.
Geplanter Mitteleinsatz: Erhalt, Innovation und Barrierefreiheit
Wie aus dem Antrag hervorgeht, sollen die 164 Millionen Euro gezielt in drei zentrale Bereiche fließen:
1. Infrastruktur und Fahrzeugflotte (ca. 90 Mio. €):
o Grundsanierung von Gleisanlagen, Brücken und Bahnhöfen
o Aufarbeitung und Erhalt historischer Dampflokomotiven
o Anschaffung moderner Schmalspurtriebwagen für den regulären Linienverkehr
2. Nachhaltigkeit und Innovation (ca. 40 Mio. €):
o Erprobung alternativer Antriebe (z. B. Wasserstoff, E‑Fuels)
o Effizienzsteigerung in Betrieb und Wartung
o Nutzung regenerativer Energien für Werkstätten und Bahnhöfe
3. Barrierefreiheit und Digitalisierung (ca. 34 Mio. €):
o Umbau von Stationen für barrierefreien Zugang
o Modernisierung von Fahrgastinformationssystemen
o Digitalisierung der Betriebsabläufe
Unterstützung durch Länder und Kommunen
Der Förderantrag wurde in enger Abstimmung mit den Ländern Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie den kommunalen Gesellschaftern der HSB erarbeitet. Die Länder
signalisierten bereits ihre Mitfinanzierungsbereitschaft im Rahmen eines möglichen „HSB-Zukunftspakets“.
Der Landrat des Landkreises Harz, Thomas Balcerowski, erklärte: “Die Harzer Schmalspurbahnen sind Herzstück unserer regionalen Identität und zugleich Wirtschaftsfaktor ersten Ranges. Der Antrag ist notwendig, um dieses Erbe zu sichern – nicht aus nostalgischen Gründen, sondern mit Blick auf die Zukunft der Region.”
Auch aus dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gab es erste positive Signale. Eine endgültige Entscheidung über die Förderzusage wird allerdings frühestens im Laufe des Jahres 2026 erwartet. Die Prüfung des Antrags erfolgt im Rahmen der geplanten Bundesinitiative zur Förderung touristisch-kultureller Eisenbahninfrastruktur.
Breite gesellschaftliche Unterstützung
Der Förderantrag stößt auch in der Bevölkerung und bei Eisenbahnfans bundesweit auf große Unterstützung. Der Förderverein „Freunde der Harzer Schmalspurbahnen e.V.“ sammelte bereits Tausende Unterschriften, um auf die Bedeutung des Schienenbetriebs aufmerksam zu machen.
Tourismusverbände, Umweltorganisationen und Heimatvereine sehen in der geplanten Förderung ein wichtiges Signal für nachhaltige Mobilität, Regionalentwicklung und Kulturerhalt.
Positive Reaktionen aus der Region
Auch auf Landes- und Kommunalebene wird die Entscheidung begrüßt. Der Bürgermeister von Wernigerode, Tobias Kascha, betonte: “Die HSB sind ein Aushängeschild unserer Stadt und ein Wirtschaftsfaktor für die gesamte Region. Die Bundesförderung gibt uns die nötige Planungssicherheit für die nächsten Jahre.”
Die Geschäftsführung der HSB plant, mit den Mitteln unter anderem die technische Modernisierung der Werkstätten, die Sanierung historischer Dampfloks sowie den barrierefreien Ausbau einzelner Bahnhöfe voranzutreiben. Zudem soll die Nutzung alternativer Antriebstechnologien, etwa durch Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe, in Pilotprojekten getestet werden.
Die Entscheidung zur Bundesförderung der Harzer Schmalspurbahnen ist mehr als ein finanzieller Zuschuss – sie ist ein klares Bekenntnis zur kulturellen Identität, zum nachhaltigen Tourismus und zur Zukunft des ländlichen Raums. In einer Zeit, in der viele regionale Bahnstrecken stillgelegt werden, ist dies ein ermutigendes Signal.