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Guts­Muths-Denk­mal: Qued­lin­burg und die Ret­tung eines Kul­tur­er­bes

Das Guts­Muths-Denk­mal in Qued­lin­burg ist mehr als nur eine bron­ze­ne Skulp­tur: Es steht für die Geschich­te der deut­schen Turn­be­we­gung, die Erzie­hungs­idea­le der Auf­klä­rung und die loka­le Iden­ti­tät der Stadt. Doch wie bei vie­len Denk­mä­lern muss­te auch die­ses über die Jah­re hin­weg Rück­schlä­ge und Beschä­di­gun­gen hin­neh­men – und erleb­te schließ­lich eine Ret­tung, die wich­ti­ger war als nur restau­ra­ti­ves Hand­werk.
Die Ret­tung des Guts­Muths-Denk­mals in Qued­lin­burg ist ein Bei­spiel dafür, wie Denk­mal­pfle­ge weit mehr sein kann als tech­ni­sche Restau­rie­rung: Sie ist ein Aus­druck von Wert­schät­zung, his­to­ri­schen Bewusst­sein und loka­lem Enga­ge­ment. Durch die Wie­der­her­stel­lung des feh­len­den Stocks gewinnt das Denk­mal nicht nur sei­ne Voll­stän­dig­keit zurück, son­dern auch sym­bo­lisch an Bedeu­tung. In einer Zeit, in der kul­tu­rel­les Erbe vie­ler­orts unter Druck steht, zeigt die­ses Pro­jekt, dass es mög­lich ist, ver­ges­se­ne oder beschä­dig­te Monu­men­te wie­der leben­dig zu machen – und dass ihre Ret­tung für die Gemein­schaft einen wirk­li­chen Gewinn dar­stellt.
Guts­Muths gilt als Mit­be­grün­der der Turn­be­we­gung
Johann Chris­toph Fried­rich Guts­Muths (1759–1839) gilt als einer der Begrün­der der moder­nen Lei­bes­er­zie­hung bzw. des Tur­nens. Sein Geburts­ort ist Qued­lin­burg, und genau dort befin­det sich auch das Denk­mal.
Das Denk­mal wur­de 1904 ein­ge­weiht, geschaf­fen vom Qued­lin­bur­ger Bild­hau­er Richard Anders. Die Plas­tik zeigt Guts­Muths als wan­dern­de Figur, beglei­tet von sei­nem Lieb­lings­schü­ler Carl Rit­ter. Das Denk­mal steht auf einem hohen Gra­nit­so­ckel, der ursprüng­lich mit vier Reli­efs aus­ge­stat­tet war, wel­che Sze­nen aus dem Leben Guts­Muths dar­stell­ten.
Denk­mal hat beweg­te Geschich­te hin­ter sich
Im Lau­fe des 20. Jahr­hun­derts erlitt das Denk­mal erheb­li­che Schä­den: Die Bron­ze-Reli­ef­ta­feln am Sockel – Teil der künst­le­ri­schen Aus­ge­stal­tung – wur­den im Zwei­ten Welt­krieg ein­ge­schmol­zen. Nach­dem die Tafeln ent­fernt waren, blieb das Denk­mal unvoll­stän­dig. Beson­ders auf­fäl­lig ist, dass ein wich­ti­ges Detail fehlt: Der Wan­der­stock, den Carl Rit­ter in der Ori­gi­nal­ver­si­on in der Hand hielt, exis­tiert schon seit Jahr­zehn­ten nicht mehr.
Die­se Lücke im Denk­mal war nicht nur ästhe­tisch, son­dern auch sym­bo­lisch bedeut­sam: Der Stock war ein Teil der Figu­ren­spra­che – er signa­li­sier­te Bewe­gung, Füh­rung, Leh­re. Sei­ne Abwe­sen­heit ver­wies damit auch auf eine unter­bro­che­ne Erin­ne­rungs­kul­tur.
Sanie­rung stand im Fokus der öffent­li­chen Auf­merk­sam­keit
Im Jahr 2025 berich­te­te die Mit­tel­deut­sche Zei­tung, dass ein Wie­der­auf­bau des feh­len­den Stocks geplant ist. Die­ser Schritt war mög­lich, weil eine brei­te Auf­merk­sam­keit für den Zustand des Denk­mals ent­stand. Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, Ver­ei­ne und ver­mut­lich auch Denk­mal­fach­leu­te setz­ten sich für eine Sanie­rung ein.
Gleich­zei­tig hat­te schon frü­her eine Restau­rie­rung der Sockel­re­li­efs statt­ge­fun­den: Die vier Reli­efs wur­den neu geschaf­fen bzw. rekon­stru­iert. Damit ist das Denk­mal in sei­ner Gesamt­erschei­nung zumin­dest teil­wei­se wie­der näher an die ursprüng­li­che Gestalt gerückt.
Auch die Stadt Qued­lin­burg wür­digt das Denk­mal nach wie vor als Teil ihres kul­tu­rel­len Erbes. Im Rah­men ihrer städ­ti­schen Öffent­lich­keits­ar­beit wird das Denk­mal als Objekt des Monats her­vor­ge­ho­ben, und sei­ne Geschich­te, ein­schließ­lich der Ret­tungs­maß­nah­men, ist Teil die­ses Nar­ra­tivs.
Die Ret­tung des Denk­mals ist aus meh­re­ren Per­spek­ti­ven bedeut­sam
Guts­Muths ist eine his­to­ri­sche Per­sön­lich­keit mit über­re­gio­na­ler Bedeu­tung – ins­be­son­de­re für den deut­schen Sport­un­ter­richt. Sein Denk­mal in Qued­lin­burg erin­nert dar­an und ver­bin­det die Stadt mit sei­ner Lebens­leis­tung.
Dass Qued­lin­burg nicht nur sein Geburts­haus, son­dern auch sein Denk­mal bewahrt, stärkt das loka­le Geschichts­be­wusst­sein. Die Initia­ti­ve zur Wie­der­her­stel­lung zeigt, dass die Bür­ger die Bedeu­tung die­ses Denk­mals für ihre Stadt erken­nen.
Der feh­len­de Wan­der­stock war nicht nur ein mate­ri­el­les Defi­zit, son­dern auch ein Sym­bol für eine unter­bro­che­ne Erin­ne­rung. Mit sei­ner geplan­ten Wie­der­her­stel­lung wird ein feh­len­der Teil des Nar­ra­tivs wie­der­her­ge­stellt – es ist eine sym­bo­li­sche Wie­der­her­stel­lung von Füh­rung, Bewe­gung und Leh­re. Die Ret­tung zeigt, wie wich­tig kon­ti­nu­ier­li­ches Enga­ge­ment ist. Es ist nicht nur Auf­ga­be von Denk­mal­be­hör­den, son­dern auch der Zivil­ge­sell­schaft, sich um sol­che Bau­wer­ke zu küm­mern. Der Fall kann als Bei­spiel die­nen für erfolg­rei­che par­ti­zi­pa­ti­ve Denk­mal­pfle­ge.

 

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