Der Tod gehört zum Leben wie die Geburt. Doch zu Lebzeiten bereits über das eigene Ende nachzudenken oder gar Vorbereitungen hierfür zu treffen, bereitet vielen Menschen Unbehagen. Andere wiederum wollen alles geregelt wissen, wenn der Moment gekommen ist. Die zuständige Friedhofsverwaltung in Quedlinburg bietet Interessenten jetzt eine außergewöhnliche Möglichkeit, die eigene Bestattung zu gestalten – in einer historischen Gruft, für die nun Pächter gesucht werden.
Friedhof bietet drei kleine Mausoleen zur Pacht an – Interessenten haben sich schon gemeldet
Die Mausoleen befinden sich am höchsten Punkt des Friedhofs in Gernrode und bilden einen kleinen Bogen. Wer vor den Grüften steht, merkt sofort, dass sie Zeugnis von der Vergangenheit ablegen. Es ist eine mystische, fast schon gespenstische Atmosphäre, die über den Mausoleen liegt. Von dort hat man einen direkten Blick auf die Türme der Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode.
Dennoch sind die Grüfte in den vergangenen Jahren eher stiefmütterlich behandelt worden. Unkraut und Efeu wuchern überall und sind bereits ins Mauerwerk eingedrungen. Im mittleren Mausoleum waren einst die Verstorbenen der Familie von Chemnitz bestattet worden. Eine kleine Wendeltreppe führte seinerzeit in den Keller. Dort waren bis zu fünf Särge aufgebahrt. An den Wänden sind noch Bibelsprüche in altdeutscher Schrift zu sehen.
Mit Anzug, Gehstock und Zylinder unter Glas bestattet – fast wie Schneewittchen
Wie zu erfahren ist, hatte bereits der Herr von Chemnitz eine genaue Vorstellung von seiner Bestattung, die er schon zu Lebzeiten verfügte. Er wurde im Anzug und mit Zylinder sowie seinem Gehstock beigesetzt. Der Sarg hatte eine Glasscheibe, sodass man ihn – wie im Märchen von Schneewittchen – auch weiterhin betrachten konnte.
Über einem anderen Mausoleum steht der Satz: „Durchs Kreuz zum Frieden“. Auch wenn dieses Mausoleum – ebenso wie die anderen – beherzte Hände für die Renovierung bräuchte, hat es bereits Interessenten auf den Plan gerufen. Sie kommen aus dem Südharz. Ein zusätzlicher Punkt, der die Bestattung attraktiv macht: Wer sich für eine der Grüfte entscheidet, muss seinen Wohnsitz nicht zwingend in Gernrode haben.
Mausoleum als Option für Menschen, die keine konventionelle Bestattung wünschen
Eine oberirdische Beisetzung kommt vor allem für Menschen in Frage, die weder eine herkömmliche Erdbestattung noch eine Urnenbestattung wünschen. Für einen der Interessenten aus dem Südharz war dies das tragende Argument, sich die Mausoleen genauer anzuschauen. Aus diesem Grund ist es der Friedhofsverwaltung ein Anliegen, die Verpachtungsmöglichkeit voranzubringen.
Unterdessen muss hierfür viel Geld in die Hand genommen werden, um das Ziel einer Verpachtung der Grabstätten zu erreichen: Unkrautbeseitigung, die Reparatur kaputter Scheiben sowie die Instandsetzung verwitterter Türen und des Mauerwerks beanspruchen viel Kapital – und noch mehr Arbeit. Es ist davon auszugehen, dass der Efeubewuchs das Mauerwerk inzwischen stark beschädigt hat.
4.700 Euro für 40 Jahre – weitere Kosten kommen auf die Pächter zu
Was zunächst verlockend klingt, ist das Pachtmodell: Ein Platz in der Gruft kostet einmalig 4.700 Euro und ist damit weitaus günstiger als so manche Urnenbestattung. Die Pachtdauer beträgt 40 Jahre – dies sind allerdings noch nicht die endgültigen Kosten, denn die Pächter müssen sich am Sanierungsaufwand für die Gruft beteiligen, der finanziell deutlich höher ausfallen dürfte.
Indes hat die Friedhofsverwaltung nicht primär den finanziellen Aspekt im Auge. Den Verantwortlichen ist vielmehr daran gelegen, die historische Friedhofskultur zu bewahren und die Menschen für traditionelle Bestattungsformen zu begeistern.
Deshalb kommt ein Abriss der Grabstätten auch nicht in Frage. Im Gegenteil: Die Denkmalschutzbehörde prüft aktuell die Denkmalfähigkeit der Mausoleen, die in einer solch idyllischen Umgebung am Nordhang des Friedhofs in Gernrode stehen. Vonseiten der Behörde steht dem Denkmalschutz nichts im Weg.
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