Zum Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD erklärt der Präsident des Bundes der Vertriebenen (BdV), Dr. Bernd Fabritius:
Der am 9. April 2025 vorgestellte Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD greift zentrale Anliegen der deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler sowie der deutschen Minderheiten in Ostmittel‑, Ost- und Südosteuropa und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion auf, für die sich der BdV seit Jahren engagiert. Dies begrüße ich ausdrücklich.
Ein besonders starkes Signal der Koalitionspartner ist, dass die Zuständigkeiten für die auch vom BdV vertretenen Menschen und ihre Belange künftig wieder im Bundesinnenministerium gebündelt werden sollen. In Verbindung mit der geplanten Stärkung des Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten eröffnen sich damit neue Gestaltungsspielräume und die Chance auf eine dringend notwendige, zukunftsgerichtete und tragfähige „Politik aus einer Hand“. Für diese strukturelle Weichenstellung hatte sich der BdV eingesetzt.
In diesem Zusammenhang ist auch die Zusage von großer Bedeutung, dass die Bundesförderung nach § 96 Bundesvertriebenengesetz dauerhaft gesichert und zukunftsfest gestaltet werden soll. Entscheidend bleibt, dass der gesetzliche Auftrag vollumfänglich erfüllt werden kann – von der Bewahrung des Kulturerbes im Bewusstsein der Vertriebenen, der gesamten Gesellschaft und im Ausland, über dessen Erforschung bis hin zur Weiterentwicklung der lebendigen Kulturarbeit in den Verbänden. Besonders erfreulich ist die Ankündigung, der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen eine verlässliche finanzielle Basis zu geben.
In der Spätaussiedleraufnahme wird auch die kommende Bundesregierung an der Einstandspflicht für das Kriegsfolgeschicksal festhalten. Es ist zu begrüßen, dass die bisherigen Aufnahmemodalitäten einer Prüfung unterzogen werden sollen. Der BdV setzt sich nach wie vor dafür ein, dass die Lebensrealitäten der Deutschen in den Aussiedlungsgebieten angemessen berücksichtigt werden. Besonders positiv ist, dass mit der geplanten Prüfung einer Zuzugsmöglichkeit für nach dem 31. Dezember 1992 geborene Deutschstämmige auch das Schicksal der nachwachsenden Generationen der deutschen Minderheiten in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion in den Blick genommen wird – gerade in Zeiten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.
Ganz in diesem Sinne ist auch die klare Zusage wichtig, dass die Förderung der deutschen Minderheiten fortgesetzt und dabei ein besonderer Fokus auf die Deutschen in der Ukraine gelegt werden soll.
Von besonderer Bedeutung für die Beheimatung der nach Deutschland kommenden Spätaussiedler ist zudem die Ankündigung, das bewährte Integrationsinstrument der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte – die MBE – fortzuführen und auskömmlich zu finanzieren.
Eine bedauerliche Leerstelle bleibt jedoch bei der überfälligen Anpassung des Fremdrentengesetzes. Hier haben die Koalitionäre im Vertrag keine konkrete Aussage zur Problematik getroffen, obwohl CDU und CSU dieses Thema in die Verhandlungen eingebracht hatten. Aussiedler und Spätaussiedler leisten seit Jahrzehnten einen unverzichtbaren Beitrag zu unserem Gemeinwesen und stützen unsere Solidarsysteme. Ihre spezifischen Benachteiligungen im Rentenrecht – etwa durch pauschale Kürzungen – stehen diesem Einsatz entgegen und bedürfen weiterhin einer politischen Lösung. Der BdV wird sich auch in der neuen Legislatur mit Nachdruck dafür einsetzen, dass diese Leerstelle im Rahmen einer schwerpunktmäßig gestärkten Vertriebenen- und Aussiedlerpolitik doch noch geschlossen wird.
Insgesamt zeigt der Koalitionsvertrag deutlich, dass die beteiligten Parteien die gewachsene gesellschaftliche und erinnerungspolitische Bedeutung der Vertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler sowie der deutschen Minderheiten anerkennen – als aktive Kulturträger, Brückenbauer in Europa und Mitgestalter unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Dafür danke ich allen Beteiligten, insbesondere jenen, die sich während der Koalitionsverhandlungen mit Nachdruck für unsere Belange eingesetzt haben.
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