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Kopf oder Zahl? – Fund­mün­zen im Städ­ti­schen Muse­um Hal­ber­stadt digi­tal erfasst

Hal­ber­stadt (red). Mün­zen gehö­ren in nahe­zu allen Muse­en Sach­sen-Anhalts zum Samm­lungs­be­stand. Zum Teil han­delt es sich um archäo­lo­gi­sche Fund­mün­zen, das heißt Mün­zen, die einst im Umlauf waren, aber ver­lo­ren gegan­gen oder bewusst ver­bor­gen wor­den sind.

Für die archäo­lo­gi­sche und his­to­ri­sche For­schung sind Fund­mün­zen eine bedeu­ten­de Quel­le. Im Gegen­satz zu ande­ren Boden­fun­den kön­nen Mün­zen einen archäo­lo­gi­schen Fund­kom­plex zeit­lich ein­gren­zen. Denn der gro­ße Vor­teil von Mün­zen ist ihre siche­re und oft jahr­ge­naue Datie­rung. Als Zeug­nis­se des Geld­um­laufs ermög­li­chen Fund­mün­zen in der Gesamt­be­trach­tung Aus­sa­gen über Sied­lungs- und Kul­tur­ge­schich­te, Han­dels­we­sen sowie Wirt­schafts- und Sozi­al­struk­tu­ren und lie­fern vor allem in Regio­nen und Epo­chen, aus denen sich kaum Schrift­quel­len erhal­ten haben, wich­ti­ge his­to­ri­sche Infor­ma­tio­nen.

Am Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge und Archäo­lo­gie Sach­sen-Anhalt (LDA) fin­det seit Juli 2022 das vom Land Sach­sen-Anhalt geför­der­te Digi­ta­li­sie­rungs­pro­jekt S.E.S.A.M. („Sys­te­ma­ti­sche Erfas­sung sach­sen-anhal­ti­scher Mün­zen“) statt. Das bis Ende 2026 lau­fen­de Pro­jekt hat sich zum Ziel gesetzt, Fund­mün­zen aus den Muse­en Sach­sen-Anhalts inhalt­lich zu erschlie­ßen und zu digi­ta­li­sie­ren. Bis­her sind über 34500 Mün­zen aus 106 Fund­or­ten erfasst wor­den. Auf­ge­nom­men wer­den Mün­zen von der Anti­ke bis 1873 – dem Jahr, in dem das zwei­te Reichs­münz­ge­setz in Kraft trat und die Ein­füh­rung der gemein­sa­men Wäh­rung „Mark“ der vor­he­ri­gen Viel­falt der Münz­ty­pen ein Ende setz­te. Durch die lan­des­wei­te flä­chen­de­cken­de Erfas­sung und Doku­men­ta­ti­on wer­den Fund­mün­zen wis­sen­schaft­lich auf­ge­ar­bei­tet und Grund­la­gen für zukünf­ti­ge prä­zi­se For­schun­gen geschaf­fen. Das Pro­jekt wird vom Lan­des­münz­ka­bi­nett Sach­sen-Anhalt im Kunst­mu­se­um Moritz­burg Hal­le (Saa­le) der Kul­tur­stif­tung Sach­sen-Anhalt, vom Fraun­ho­fer-Insti­tut für Fabrik­be­trieb und ‑auto­ma­ti­sie­rung (IFF) in Mag­de­burg und dem Muse­ums­ver­band Sach­sen-Anhalt e.V. unter­stützt.

Für die Muse­en im Land ist das Pro­jekt eine gro­ße Unter­stüt­zung, da oft die tech­ni­sche Aus­stat­tung und das numis­ma­ti­sche Fach­per­so­nal feh­len, um ihre umfas­sen­den Münz­be­stän­de zu digi­ta­li­sie­ren und wis­sen­schaft­lich auf­zu­ar­bei­ten. Zu den 20 Muse­en, die bis­her am S.E.S.A.M.-Projekt betei­ligt sind, gehört auch das Städ­ti­sche Muse­um Hal­ber­stadt.

Ende Okto­ber konn­ten Besu­cher des Städ­ti­schen Muse­ums Hal­ber­stadt haut­nah einen Ein­blick in das Digi­ta­li­sie­rungs­pro­jekt bekom­men. Die wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin des S.E.S.A.M.- Pro­jekts Anna Wendt und ihre Kol­le­gin Lin­da M. Mül­ler waren vor Ort, um die Mün­zen in der Dau­er­aus­stel­lung auf­zu­neh­men. Mit dabei war das trans­por­ta­ble Erfas­sungs­sys­tem O.S.C.A.R. („Opti­cal Sys­tem for Coin Ana­ly­sis and Reco­gni­ti­on“), das 2017 vom LDA in Zusam­men­ar­beit mit dem Fraun­ho­fer-Insti­tut IFF ent­wi­ckelt wur­de und das Mün­zen mit einem Durch­mes­ser von 5 bis 75 mm nicht inva­siv und berüh­rungs­frei digi­tal erfas­sen kann. O.S.C.A.R. erstellt von jedem Objekt in ca. fünf Minu­ten etwa 450 stan­dar­di­sier­te Bil­der von der Vor­der- und Rück­sei­te und fer­tigt zusätz­lich ein 2,5D-Modell an. Par­al­lel dazu wur­den von den Mit­ar­bei­te­rin­nen alle Objekt­in­for­ma­tio­nen zur ein­zel­nen Mün­ze und zu deren Pro­ve­ni­enz in den Muse­ums­ak­ten (Inven­tar­bü­cher, Orts­ak­ten­ar­chiv, Gra­bungs­do­ku­men­ta­tio­nen etc.) recher­chiert und die Mün­zen numis­ma­tisch bestimmt.

Im Som­mer 2024 wur­de der Groß­teil der Münz­samm­lung des Städ­ti­schen Muse­ums Hal­ber­stadt für das SESAM-Pro­jekt an das LDA aus­ge­lie­hen. Die ca. 2000 Mün­zen wur­den in Hal­le in weni­gen Mona­ten digi­ta­li­siert, bestimmt und den kon­ser­va­to­ri­schen Anfor­de­run­gen ent­spre­chend neu ver­packt. Um die Hal­ber­städ­ter Dau­er­aus­stel­lung durch die Ent­nah­me der Expo­na­te nicht zu stö­ren, wur­den die 68 aus­ge­stell­ten Mün­zen im Okto­ber 2024 nun vor Ort foto­gra­fiert. Zukünf­tig wer­den in einem wei­te­ren Schritt pro Mün­ze alle bekann­ten Objekt­da­ten und die von O.S.C.A.R. erstell­ten Bil­der in die KEN­OM-Daten­bank („Koope­ra­ti­ve Erschlie­ßung und Nut­zung der Objekt­da­ten von Münz­samm­lun­gen“) über­tra­gen und somit Wis­sen­schaft­lern und inter­es­sier­ten Lai­en zugäng­lich gemacht.

Zu den Höhe­punk­ten der Hal­ber­städ­ter Fund­mün­zen, die künf­tig dort recher­chiert wer­den kön­nen, gehö­ren u. a. der Aureus des Alex­an­der Seve­rus (222–235 n. Chr.) sowie der Aureus des Pos­tu­mus (258–267 n. Chr.) aus den sog. Fürs­ten­grä­bern von Emers­le­ben aus der jün­ge­ren römi­schen Kai­ser­zeit, die Brak­tea­ten des Oschers­le­be­ner Münz­schatz­fun­des aus dem 13. Jahr­hun­dert oder der Münz­schatz­fund aus dem Kel­ler des Hau­ses Holz­markt 2, der zur Zeit des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges datiert. Erst­mals ist es dann online mög­lich, Ein­sicht in den Fund­münz­be­stand des Städ­ti­schen Muse­ums Hal­ber­stadt zu neh­men.

Foto: Städ­ti­sches Muse­um Hal­ber­stadt

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