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Nach Brand am Brocken: Neben verbrannter Erde bleibt die Frage nach der Ursache der Katastrophe

Osterode (red). Nachdem der Waldbrand am Brocken nun endlich unter Kontrolle ist, flammt an anderer Stelle die Frage nach der der Brandursache auf. Und dieses Feuer wird durch sich mehrende Gerüchte und Spekulationen stetig am Laufen gehalten. Die drängendste aller Fragen lautet: War es Brandstiftung? Vor dem Hintergrund, dass der Sommer vergleichsweise bescheiden ausgefallen und hohe Sicherheitsmaßnahmen in dem Gebiet zum Zeitpunkt des Feuers gegolten hatten, ist das eine so naheliegende wie einfache Erklärung. Dennoch sollten hier keine voreiligen Schlüsse gezogen werden.

Auch am gestrigen Dienstag (11. September 2024) meldet die Polizei immer noch hier und da vor sich hin lodernde Glutnester am Königsberg unterhalb der Brockenspitze. Die heftigen Regenfälle vom Wochenende kommen für die Feuerwehr indes wie gerufen, um auch noch die letzten Flammen zu löschen.

Streit um Brandursache hat fast religiösen Glaubenscharakter

Es war nicht das erste Mal, dass der Brocken im Harz von einem schweren Waldbrand heimgesucht wurde. Bereits 2022 hatten mehrere Feuer große Flächen des Gebiets zerstört. Der Grund für diesen Brand konnte nie geklärt werden. Der perfekte Nährboden für Spekulationen. Grund genug für eine nüchterne Ursachenforschung.

Während die Einen den Klimawandel für die Waldbrandgefahr verantwortlich machen, da dieser die Baumbestände ausdörre und für mehr hochentzündliches Totholz sorge, lehnt die andere Fraktion diese These ab. Von dieser Seite wird der Standpunkt vertreten, dass Totholz Feuchtigkeit speichern und eben nicht für Waldbrände verantwortlich sein könne. Dieser Disput wird mit religiös anmutender Glaubensdogmatik leidenschaftlich geführt. Doch ist er wirklich geeignet, Licht ins Dunkel zu bringen?

Waldbrand durch Klimawandel? Wohl eher nicht

Zumindest sollten nicht der Klimawandel und das Wetter miteinander in einen Topf geworfen werden. Klima ist Statistik (die durchschnittliche an einem bestimmten Ort gemessene Temperatur über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren), Wetter ist erlebte Physik. Inwieweit der realexistierende Klimawandel einen Waldbrand auslösen kann, bleibt höchst umstritten. Damit sich Holz entzünden kann, ist eine Lufttemperatur von 40 Grad nicht ausreichend.

Forstwirte sind sich weitgehend darüber einig, dass Waldbrände im Regelfall durch Fremdeinwirkung entstehen. Weggeworfene Zigarettenkippen, Glas, oder aktive Brandstiftung führen zur Katastrophe.

Eine andere Erklärung klingt ebenso plausibel: Seit 2023 sind die Niederschläge im Harz gestiegen. Es war deutlich nasser als in den Vorjahren. Das führt unter anderem dazu, dass die Talsperren gut gefüllt sind – mit rund 67 Prozent liegen sie höher als der Durchschnittswert für Ende August, der bei etwa 63 Prozent liegt. Aber: Laut Deutscher Wetterdienst (DWD) hat es auf dem Brocken in der zweiten Augusthälfte nicht mehr geregnet. Durch die Mischung aus hohen Temperaturen, Wind und Verdunstung würde der Waldboden schnell austrocknen, so der DWD. In diesem August war es auf dem Brocken deutlich heißer im Vergleich zu den historischen Mittelwerten.

Dampfloks der Harzer Schmalspurbahnen als möglicher Erklärungsansatz?

Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) setzen auf ihrer Linie Dampfloks ein, die Funkenflug verursachen (können). Dass diese Funken das Totholz in Brand setzen könnten, ist Gegenstand lebhafter Diskussionen. Diese werden allerdings von der Betreibergesellschaft HSB selbst entkräftet. So würden an den Loks mehrere Sicherheitsmaßnahmen greifen, die Funkenflug ausschließen.  Dass diese Sicherheitsvorkehrungen auch reibungslos funktionieren, müsse vor jedem Fahrtantritt genauestens vom Fahrpersonal geprüft und dokumentiert werden. Zudem verfügen die Triebwagen über ein Funkensieb, das den Funkenflug effektiv auffängt.

Darüber hinaus könnten Funken nur dann entstehen, wenn der Zug mit voller Kraft fährt. Das ist jedoch am Brocken nicht der Fall. Physikalisch sei es praktisch unmöglich, dass der Zug Funken produziert, die dann den Waldboden in Brand stecken können.

Seit dem Großbrand am Brocken im September 2022 gilt: Ab Waldbrandgefahrenstufe 5 dürfen keine Züge mehr am Brocken eingesetzt werden. Stufe 4 bedeutet Hohe Gefahr. In diesem Fall erfolgt der Fahrbetrieb in Abstimmung zwischen HSB und den zuständigen Behörden. In der „Wernigeröder Erklärung“ von 2022, in der die Vorgehensweise bei der Verhinderung von Waldbränden festgeschrieben ist, wird unter anderem auch dieser Schritt geregelt.

HSB geht nicht von Fahrlässigkeit aus – Rauchverbot wird mit Security systematisch kontrolliert

Jedoch glaubt man bei der HSB nicht, dass eine unachtsam und gedankenlos weggeworfene Zigarettenkippe den Waldbrand ausgelöst haben könnte. In den Zügen herrscht durchgehend striktes Rauchverbot, das durch Sicherheitspersonal kontrolliert wird. Zudem kann dies keine Erklärung dafür sein, dass das Feuer am Freitag bei anfänglich Waldbrandgefahrenstufe 3 an sieben Stellen gleichzeitig ausgebrochen ist.

Nichtsdestotrotz bleibt der Mensch das größte Risiko für Waldbrände. In dieser Ansicht sind sich alle Beteiligten, einschließlich der Landrat des Landkreises Harz, Thomas Balcerowski (CDU), einig. Dennoch werden aus dem jüngsten Feuer zügig Konsequenzen für den Zugfahrbetrieb am Brocken getroffen. Bereits ab Waldbrandgefahrenstufe 4 wird dieser eingestellt.

Indes bekommen die Befürworter der Brandstifter-Theorie zusätzliche Nahrung. Am Freitag hat es am gleichen Tag gebrannt wie 2022 und wieder ist das Feuer nahezu an derselben Stelle ausgebrochen: In der letzten Spitzkehre auf dem Weg zum Brocken – ziemlich viele Zufälle auf einmal, oder? Und warum brennt es immer am Königsberg an mehreren Stellen und nicht woanders am Brocken? Zum Beispiel bei Schierke oder bei Nordhausen?

Alle Spekulationen und Theorien sind zwar ein amüsanter Zeitvertreib, dennoch wäre es besser auf offizielle Ermittlungsergebnisse zu warten. Hierzu wird allerdings eine ganze Reihe von durch Experten durchgeführten Untersuchungen notwendig sein.

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