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Geden­ken an die Opfer der NS-Eutha­na­sie in Wer­ni­ge­ro­de

Wer­ni­ge­ro­de (red). Am 21. August 1943 wur­den 43 Bewoh­ne­rin­nen der Ein­rich­tung „Guter Hir­te“ von den Natio­nal­so­zia­lis­ten ver­schleppt und ermor­det. Anläss­lich des 82. Jah­res­ta­ges fand am Mitt­woch im Gar­ten des Hau­ses in der Fried­rich­stra­ße eine Fei­er­stun­de mit Andacht statt.

Kars­ten Noack, Mit­ar­bei­ter des Guten Hir­ten, hielt die Anspra­che und erin­ner­te ein­dring­lich an das Gesche­hen. „Die Frau­en wur­den nie wie­der­ge­se­hen. Ein Bus fuhr vor, und die Frau­en muss­ten ein­stei­gen. Sie wur­den nicht gefragt, ob sie das woll­ten. Es wur­de ihnen nicht gesagt, wohin sie gebracht wer­den. Dann, in Bern­burg, wur­den sie ermor­det. Es macht uns betrof­fen. Das ist schlimm, und ich fra­ge mich: Wie konn­te das gesche­hen? Wie konn­ten die Men­schen – die Mit­ar­bei­ten­den, die Ange­hö­ri­gen, die Anwoh­ner, all die Men­schen in der Stadt und im Land – das zulas­sen? Wer nimmt für sich in Anspruch, über Leben und Nicht-Leben zu ent­schei­den? Auch heu­te urtei­len wie­der Men­schen und sagen: ‚Die­se Men­schen sind krank, sie sind mora­lisch schwach­sin­nig. Sie sind zu teu­er für uns. Sie sind eine Last und nicht wert, zu leben.‘“

Im Anschluss an die Anspra­che führ­te Noack die Gäs­te zum Gedenk­stein vor dem Haus. Dort wur­den Lie­der gesun­gen, Ker­zen ent­zün­det, gebe­tet und eine Blu­men­scha­le nie­der­ge­legt.

Hin­ter­grund

Die Ein­rich­tung „Guter Hir­te“ wur­de Mit­te des 19. Jahr­hun­derts gegrün­det. Ers­te Mäd­chen zogen 1861 in ein Erzie­hungs­haus für geis­tig behin­der­te Mäd­chen in Has­se­ro­de ein, 1867 folg­te der Umzug an den Stand­ort Fried­rich­stra­ße. Im August 1943 beschlag­nahm­ten die Natio­nal­so­zia­lis­ten das Haus und nutz­ten es als Kin­der­heim der Natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Volks­wohl­fahrt. 1950 wur­de dort eine Anstalt für epi­lep­ti­sche Frau­en und Müt­ter eröff­net. Seit 1994 leben erst­mals auch Män­ner im Guten Hir­ten. Heu­te woh­nen Frau­en und Män­ner mit unter­schied­li­chen Behin­de­run­gen gemein­sam in gemisch­ten Wohn­grup­pen.

Eutha­na­sie im Drit­ten Reich

Die Natio­nal­so­zia­lis­ten erklär­ten Men­schen mit kör­per­li­chen, geis­ti­gen und psy­chi­schen Behin­de­run­gen für „lebens­un­wert“. Ab 1939 begann die sys­te­ma­ti­sche Tötung im Rah­men der soge­nann­ten „Akti­on T4“. Die Opfer wur­den in spe­zi­el­len Anstal­ten durch Gas, Medi­ka­men­te oder Nah­rungs­ent­zug ermor­det. Offi­zi­ell wur­de die Akti­on 1941 been­det, die Ver­bre­chen setz­ten sich jedoch in dezen­tra­ler Form fort. Ins­ge­samt fie­len etwa 200.000 Men­schen die­ser Poli­tik zum Opfer.

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