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Qued­lin­bur­ger Anek­do­ten: Wie man den Regen nach Qued­lin­burg holt

Als sich wie­der ein­mal ein ent­setz­lich hei­ßer Som­mer über Qued­lin­burg leg­te und es meh­re­re Wochen am Stück nicht gereg­net hat­te, da war gro­ße Not bei den Qued­lin­bur­ger Gärt­nern, allen vor­an bei Gus­tav Adolf Dippe, den der lie­be Gott (oder war‘s der Teu­fel?) vor die gewal­ti­ge Her­aus­for­de­rung stell­te, die 2500 Hekt­ar nun täg­lich per Hand mit dem Was­ser der Bode zu gie­ßen.

Frei­lich muss­te Dippe nicht selbst über die Fel­der zie­hen, er hat­te in sei­nem Unter­neh­men, das um 1890 als viel­sei­tigs­tes Groß­züch­tungs­un­ter­neh­men der Welt galt, gut 2000 Ange­stell­te. Die aber muss­te er bezah­len, ganz gleich, wie die Ern­te aus­fiel, und die wür­de kata­stro­phal wer­den, wenn es nicht bald reg­ne­te: Die Zucker­rü­ben stan­den in beton­har­tem Boden, das ande­re Gemü­se hat­te gar kei­ne Lust anzu­ge­hen und die Blü­mel­ein lie­ßen nur trau­rig ihre Köp­fe hän­gen … und dann die Schre­ckens­kun­de: „Herr Dippe, Herr Dippe, kommt mit und seht selbst, wie’s um uns bestellt ist!“, schluchz­te einer der Gärt­ner und zog den Unter­neh­mens­füh­rer zum Bach­bett der Bode. „Mein Gott“, staun­te Dippe, „kein Was­ser mehr???“, und sah auf den sonst so stol­zen Fluss (der in der Ver­gan­gen­heit durch­aus auch im Stan­de war, die gan­ze Innen­stadt zu flu­ten), der nun aber kei­ner mehr war. Gus­tav Adolf Dippe war aber kei­ner, der in solch einer Stun­de fle­hent­lich geklagt oder mit Gott geha­dert hät­te. Im stil­len Gebet ent­sann er sich, dass er in den letz­ten Jah­ren doch immer wie­der beob­ach­ten konn­te, dass die Turn­fahr­ten eines Qued­lin­bur­ger Gym­na­si­ums regel­mä­ßig ver­reg­ne­ten. Kur­zer­hand schick­te er einen Boten zum Gym­na­si­al­di­rek­tor mit der Bot­schaft: „Man soll doch recht bald ein pom­pö­ses Sport­fest anbe­rau­men, die Gebrü­der Dippe AG wür­de auch ger­ne für alle Kos­ten auf­kom­men.“ Ob es damals schluss­end­lich gereg­net hat, weiß ich lei­der nicht zu sagen. Den­ke ich aber zurück, war es auch in mei­ner Kind­heit so, dass wenn das Süd­er­stadt-Gym­na­si­um Sport­fest fei­er­te, es meist aus Kübeln goss.

Nach Karl Beth­ke (1957) in: Qued­lin­bur­ger Anek­do­ten

Foto: Pix­a­bay

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