1791 wurde sie in Wien uraufgeführt und ist wohl die meistgespielte deutschsprachige Oper der Welt: Die Zauberflöte. Jeder kennt sie, und kaum jemand kann erzählen worum es eigentlich geht. Jedem fallen sofort Melodien ein: „der Vogelfänger bin ich ja“, „dies Bildnis ist bezaubernd schon“ oder die Koloraturen aus den berühmten Arien der Königin der Nacht. Aber was verhandeln die Figuren in diesem dicht verwobenen Sing-Spiel wirklich? Welche Menschen stecken hinter den klischeehaften Bildern im Stück? Was bedeuten heute diese Begriffe wie Tugend oder Weisheit? Diesen Fragen (und vielen anderen) spürt die neue Inszenierung am Harztheater nach. Nina Kühner, die zum ersten Mal im Harz inszeniert, hat gemeinsam mit dem Ausstatter Tom Grasshof einen Experimentierraum geschaffen, in dem sich die Darsteller auf ganz besondere Weise den Figuren annähern. Jeder bekommt eine Rolle zugeteilt und im Laufe des Stückes zeigen sich die Konflikte, die aus den jeweiligen Machtpositionen resultieren. Im scheinbar leeren Raum entsteht das Stück neu, da die Menschen sich nicht ausweichen können. Unter der glitzernden Folie des Theatersternenhimmels erscheinen Gruppendynamiken, menschliches Versagen, Hoffnungen und Wünsche, lässt die unglaubliche mozart’sche Musik den Text sichtbar und in aller Deutlichkeit die Verhältnisse klar werden. Und im Zentrum all dessen steht Pamina. Gesungen und gespielt von Bénédicte Hilbert. Sie ist die eigentliche Hauptfigur für Regisseurin Nina Kühner. Auch sie sieht sich, wie Tamino, den in sie gesetzten hochstilisierten Anforderungen gegenüber, die mit ihr nichts zu tun haben. Wenn Sarastro zu ihr sagt, dass er sie nicht zur Liebe zwingen, ihr aber die Freiheit nicht gewähren wird und wenn er ihr sagt: „Ein Mann muss eure Herzen leiten, denn ohne ihn pflegt jedes Weib aus ihrem Wirkungskreis zu schreiten“ muss sie sich zu dem ihr zugewiesenen Bild verhalten, genauso wie Tamino (umwerfend dargestellt von Francisco Huerta) –daran wachsen und einen eigenen Weg finden, oder daran zerbrechen.
Wohin das alles führt, kann man am 26.7.2025 im Burchardikloster Halberstadt in einer besonderen Freilichtversion und dann ab 13. September in voller Pracht im Theater Quedlinburg erleben. Eines scheint jetzt schon klar: Wie bereichernd und erfüllend es sein kann, die altbekannten Klischees und Rollenbilder über Bord zu werfen und sich dem zu nähern, was unter dem Zuckerguss der Jahrhunderte immer schon da war: den Menschen.
WAS DIE ZAUBERFLÖTE — PREMIERE
WANN Samstag, 27.07.2025 um 19:30
WO Burchardikloster Halberstadt
WER HARZTHEATER / Musiktheater Harz
Foto: M.Misgaiski