Der Rammelsberg hat auf der Seite gegen den Herzberg zu einen schönen, klaren Brunnen. Bis heute wird der von den Einwohnern der Stadt Goslar der Kinderbrunnen genannt. Man erzählt, dass im Jahre 1016 unseres Herrn einstmal eine hochschwangere Frau Lust bekommen habe, den Berg zu besehen. Deshalb sei sie mit ihrem Mann dahin spaziert. Als sie nun beim Rückwege am Brunnen anlangte, wären ihr plötzlich Geburtsschmerzen gekommen. Zwei gesunde Söhne brachte sie dann an Ort und Stelle zur Welt. Von diesen Knaben soll der Brunnen bis zum heutigen Tage seinen Namen haben. — Einer anderen Sage nach, gebar die Gattin eines Herzogs, welcher nach einer Pestepidemie das Bergwerk im Rammelsberg wieder neu errichtete, bei der Besichtigung der Grubenanlagen zwei Söhne und starb anschließend. Einig sind sich aber alle Sagen darin, dass sich die Quelle fruchtbarkeitsfördernd auf die Wasser schöpfenden Weibspersonen ausgewirkt haben soll. Hier ließ sich nämlich den Mythen nach bereits in vorchristlicher Zeit Frau Holle nieder und gab als volkstümliche Kinderbringerin ihr Bestes dazu, dass die Bergleute vom Rammelberg nicht kinderlos blieben. Der Bergbau durfte schließlich nicht darniederliegen. Am Kinderbrunnen nahm Frau Holle Bestellungen für den gewünschten Nachwuchs entgegen und erfüllte ein sehr großes Sehnen nicht selten mit außerordentlich dicken Bäuchen. So soll ein starker Kinderwunsch oft Mehrfachgeburten nach sich ziehen. „Ihr Goslarschen Männer, ihr solltet stutzen, wenn eure Weiber vom Muttersein schwelgen, dann müsst ihr womöglich gleich mehreren Bälgern, die vollgeschmierten Popser putzen.“ Das Wasser des Kinderbrunnens soll auf Befehl Kaiser Konrads durch Röhren in den damalige Pfalz zu Goslar geführt worden sein. Die Frau des Hofjägers, Gosa genannt, wusste um die wundertätige Wirkung der Quelle und gab, nachdem der Schwarze Tod fast alle Seelen der Ebene verschlungen hatte, vielen Frauen der leeren Stadt davon zu trinken. Viele wurden schwanger, gebaren Zwillinge und Drillinge und schnell wuchs die Stadt wieder zu alter Größe heran. Der Stadtrat dankte es dem Weib des Jägers und hieß den Bach nun „Gose“ und die schöne erblühende und wachsende Stadt nach ihr „Goslar“! Aus dem Wasser des Flüsschens Gose wird im Brauhaus zu Goslar bis zum heutigen Tage noch Bier gebraut, welches ebenfalls den Namen Gose trägt. Und während die Frauen Wasser trinkend einen dicken Kindsbauch bekamen, soll der liebe Gott den Männern die allzu kräftig diesem Bier zusprachen vergleichbare Bauchformen beschert haben. — Ein alter Vers klingt wie folgt: „Es ist zwar ein sehr gutes Bier die Goslarische Gose, doch wenn man meint: „Noch ein Bier passt!“, platzt schon die gute Hose!“